Paul
Pünktlich um 9.30 Uhr war ich bei Larry´s Custom Cycles. Zusammen mit Paul (eigentlich war es mehr Paul) haben wir die Shovel erst einmal vom Öl und Dreck der zurückgelegten ca. 3.500 Kilometer befreit. Die Shovel sah plötzlich ganz anders aus. Danach und nach „heiß“ fahren konnte eine undichte Stellen am Übergang der Ölleitung in die Rockerbox des vorderen Zylinder ausgemacht und abgedichtet werden. Zu Sicherheit wurde auch gleich die Ölleitung am anderen Zylinder ausgetauscht. Vom vielen Öl des Vortages war auch die Hinterradbremse betroffen. Bremsbeläge waren verschmiert und die Bremsleistung war schwach. Und da wir ja noch ein paar Meilen vor uns haben, habe ich uns gleich noch ein paar frische Bremsbeläge gegönnt, anstatt die vorhandenen noch entölen zu lassen. Und da Paul eh schon so vertraut mit meiner Shovel war, habe ich ihn gleich noch das defekte Relais für den E-Starter austauschen lassen. Das war mächtig Fummelarbeit. Paul hat insgesamt fast 4 Stunden für mich gearbeitet. Die meiste Zeit kniete (autsch) er auf dem Asphalt und schraubte. Paul (siehe Foto) ist 52 Jahre jung und schraubt seit seinem 17. Lebensjahr an Harleys rum.
Zusammen mit den Teilen: Relais, Öl-Flexschläuche, Bremsbeläge habe ich $ 260,00 bezahlen dürfen. Das hat mich echt (positiv) umgehauen, denn ich bin noch immer deutsche Preise gewohnt und habe deshalb mit dem doppelten gerechnet.
Larry´s Custom Shop ist eine richtig geile Schrauber-Werkstatt mit Mechanikern, die ein Casting nicht besser hätte finden können. Und die Werkstatt ist auch wirklich Werkstatt. Überall Motorräder, Ersatzteile, altes Eisen. Und ständig kamen lässige Biker vorbei um sich noch eine Kanne Öl für einen Tripp in die Berge zu kaufen.
In den Bergen im Ort Red River findet übers Wochenende der „Red River Run“ statt. Das ist ein Harley-Treffen mit ähnlichen Ausmass wie „Faaker See“. Mit einem Unterschied: dort gibt es kaum Übernachtungsmöglichkeiten außer Zelt. Da ich mein Zelt in 2002 am Edersee zurückgelassen habe und es nach Red River 800 Kilometer zusätzliche Strecke wären, habe ich abgelehnt mit dort hin zu fahren. Dies aber nur schweren Herzens.
Morgen will ich weiter nach Westen Richtung Gallup fahren. Wenn alles gut läuft könnte ich am Sonntag am Grand Canyon sein.
Towing 120 miles
Der Plan für Donnerstag war über Las Vegas (nicht das zum Zocken oder schnell Heiraten) nach Santa Fe, der schönen Hauptstadt von New Mexico zu fahren. Die Strecke dort geht bis auf 2.000 Meter hoch und soll sogar Kurven haben. Aus dem Kurven fahren wurde (zum Glück ?) leider nichts. Beim Zwischenstopp in Santa Rosa, einen netten Ort mitten in der Wüste auf der Hochebene von New Mexico, habe ich feststellen müssen, daß austretendes Öl auf dem Hinterreifen landet. Eine ordentliche Shovel ölt immer ein wenig, aber das war jetzt doch ein wenig zuviel. Es lies sich auch nicht feststellen woher das Öl genau kommt. Und mit einem öligen Hinterreifen fahren war mir dann doch erstmal zu unsicher.
In dem Wüstennest gab es überraschenderweise keine Motorradwerkstatt für alte Harley Davidson. Der AAA (amerikanischer ADAC) hat mir dann erklärt, daß meine ADAC-Karte nichts Wert sei, eventuelle Abschleppkosten sind selbst zu tragen. Der AAA hat mich zumindest an eine Werkstatt vermittelt, die auch einen Pannendienst betreibt. Der kam auch relativ schnell. Reparieren konnte er auch nichts aber er könne das Motorrad auf dem Trailer nach Albuquerque bringen. Das würde $ 400 kosten. Da ich aber in meinem anderen Leben auch mit dem Einkauf von Logistikdienstleistung zu tun habe, konnte wir uns dann auf $ 300 verständigen. Die Verhandlungen liefen ohne Excel-Tabellen und viele andere Analysen. Wenn es denn bei den Frankenbachs und Mosolfs dieser Welt nur auch so einfach ginge…
Bis aber ein Fahrzeug mit Trailer mich aufsammelte, vergingen noch ca. 2 Stunden. Einige Zeit davon habe ich im benachbarten Restaurant verbracht, die mir auch Strom für das Netbook gaben.
Breakdown
Jetzt hat es uns doch erwischt. In der Prärie zwischen Amarillo und Santa Fe muss die Shovel jetzt auf den Trailer und in die nächste Werkstatt nach Albuquerque, 180 km entfernt, gebracht werden. Sie verliert viel Öl, welches auf dem Hinterreifen und der Bremse landet. Unmöglich so weiter zu fahren. Auch die Batterie – neu – scheint den Geist aufzugeben.
Zu allem Überfluss hat sich jetzt heraus gestellt, daß sich der ADAC hier nicht zuständig fühlt. Die viel gepriesene Partnerschaft mit dem AAA sei nur eine Versicherung für Personenschäden.
Warum hat mir das keiner im ADAC-Shop erzählt, als ich mich dort informiert habe ?
Und jetzt, beim warten auf die Abschlepper, geht mir der Akku am Netbook aus.
Uwe, Santa Rosa, NM (2 pm)
Randerscheinungen
An dieser Stelle mal ein paar Wort zu meinen persönlichen Gedanken auf der Tour. Bis zur Route 66, abseits der Touristenwege, war schon mal alles sehr beeindruckend und es macht mir viel Spaß dies alles zu sehen. Bin da ja doch etwas soziologisch angehaucht. Es ist so viel, ich weiß schon gar nicht mehr, was ich vor 3 Tagen „erfahren“ habe.
Das alles mit einem so alten Motorrad zu erleben, ohne jegliche Erfahrung bei Motorradtouren, kein Schrauber zu sein, strengt physisch und emotional an. Und wenn es auch in den bisherigen Einträgen nicht so klang, immer an alles (alleine) denken zu müssen, schlaucht.
Wo gehts lang ?
Wird es dort auch eine Werkstatt für den Notfall geben?
Was muss ich mit dem Moped machen ?
Habe ich alles gepackt ?
Ist es auch so gepackt, dass ich nicht immer suchen muss? (ich suche trotzdem den ganzen Tag irgendetwas)
Wo komme ich die Nacht unter ? Diesen Beitrag weiterlesen »
Indianerland
Wie angekündigt war ich in der „Big Texan Steak Ranch“ zum Abendessen. Dort saßen tatsächlich drei Leute auf der Bühne und versuchten die 72 oz (2 Kg) Steak zu verdrücken. Keiner hast es geschafft. Wundert mich nicht, denn ich war ja mit mit meinen 8 oz (wer kann noch Dreisatz rechnen ?) schon mehr als satt. Lecker war es…..
Der Morgen in Amarillo war richtig kühl. Da kam es mir Recht, daß ein Bremsen- und Kupplungcheck anstand. Der Harley-Dealer hat beim Anblick meiner Shovel ganz schnell abgewunken, denn er kann nur an Modellen ab Baujahr 93 schrauben. Also bin ich dann zu einer kleinen Schrauber-Werkstatt gefahren. Die Adresse hatte ich aus dem Internet und im Harley-Laden haben sie mir diese Werkstatt auch empfohlen. „Southern Cycle“, betrieben von Vater und Sohn, haben sich sofort meine Shovel angesehen. Bevor aber dann die vorderen Bremsbeläge getauscht wurden, haben sie mir noch 2 richtig kleine Schätze gezeigt. Zwei schön restaurierte, alte Harleys. Eine Panhead und eine Knucklehead. Dagegen ist mein Moped ein richtig „junges Ding“. Die Kosten für Check, neue Bremsbeläge, Bremsflüssigkeit nachfüllen, Arbeitszeit und 1 Liter Motoröl kosteten mich $ 47,00. Solche Preise wünsche ich mir mal bei den Werkstätten zuhause.
Danach ging die Fahrt weiter westwärts über die Route 66 nach New Mexico. Auch wenn es wieder ewig geradeaus ging, war es nicht langweilig. Links und rechts der Straße gab es viel Gegend zu bewundern. Hier beginnt das klassische Indianerland. Das sehe ich jetzt nicht so kritisch, denn zum skalpieren hätten die Apachen bei mir ja nicht so viel davon ….
Bereits kurz nach Amarillo stecken kopfüber mehrere alte Cadillac im Boden. Das hat sich Einer mal als Kunst ausgedacht. Auf der weiteren Strecke ging es an verlassenen und verfallenen Tankstellen, sowie an einfach in der Gegend zurück gelassenen alten, mittlerweile verrosteten Fahrzeugen vorbei. Sogar eine komplett verlassene Ortschaft lag auf dem Weg. Glenrio heißt diese Geisterstadt, direkt auf der Grenze zwischen Texas und New Mexico.
Interessant finde ich die Orts- und Stadtschilder. Dort steht i.d.R auch die Einwohnerzahl drauf. Aktuell kann das aber nicht sein. Oder tauschen die die Schilder bei Veränderungen täglich aus ?
Spontan hatte ich mich dann für Tucumcari als Etappenziel entschieden. Mittlerweile war es bereits 4.30 pm und außerdem war der Akku der Kamera leer. Ich wollte auf der weiteren Strecke nichts Sehenswertes ungeknipst lassen. Tucumcari ist zudem ein guter Zwischenstopp. Hier gibt es u.a. noch viele alte Motels mit ihren Neon-Reklameschildern aus der Blütezeit der Route 66.
Abgestiegen bin ich im „Blue Swallow“. Ein charmantes altes Motel. Sogar mit Wireless Internet lt. Reklameschild. Stimmt, aber nur schwach vor der Tür des Zimmers. Durch dicken Adobe-Wände geht das Signal nicht durch. Daher erscheint dieser Artikel auch erst am Morgen (US-Zeit), wenn ich mich vor das Zimmer setzen kann. Bill, der Eigentümer, hat keine Lizenz zum Alkoholverkauf. Dennoch hat er in seinem großen alten Kühlschrank im Office ordentlich Gerstensaft eingekühlt. Da könne ich mich gerne fleißig bedienen, „It´s for free“. Grinsend hat er mich gleichzeitig auf einen großen Glaskrug in der anderen Ecke des Offices aufmerksam gemacht. Dort könnte ich zur „Erhaltung der Neonschilder“ spenden. Die ein oder andere Spende habe ich gern gemacht.
Alles in allem war es ein weiterer schöner Tag und eigentlich freue ich mich auf morgen. Dann heißt das Ziel Santa Fe, NM.
Aber: Als ich nach dem Abendessen beim Mexicaner wieder zurück fahren wollte, fing die Shovel an einer völlig neuen Ecke an zu spinnen. Der Anlasser hat keine Mucks mehr von sich gegeben und ich mußte die Shovel antreten. Das hat zwar funktioniert, ist aber kein Zustand. Denn ich muß den Bock an Ampeln immer mal wieder ausmachen. Dann jedesmal wieder antreten wird kompliziert. Das macht mir jetzt Sorgen und ich habe keine Lust wieder Zeit für Werkstatt zu verplempern.
Uwe, Tucumcari, NM